Das Gesetz sorgte weltweit für Schlagzeilen: In Berlin gilt ab Sonntag 23. Februar 2020 der sogenannte Mietendeckel. Er friert alle Mieten auf den Stand vom 18. Juni 2019 ein. Außerdem müssen Vermieter die Mieten absenken, wenn sie die vom Berliner Senat festgelegten Höhen in den Bezirken überschreiten. Zumindest muss dies dann gemacht werden, wenn sich ein Mieter dagegen wehrt.
Mieter, die erst nach dem 18. Juni 2019 in ihre Wohnung oder Haus eingezogen sind, können vom aktuellen Gesetz nicht profitieren.
Fakt ist: Viele Mieter jubilieren, da sie nun hoffen, mit dauerhaft günstigeren Mieten leben zu können. Doch es gibt auch mächtige Gegner: Viele Vermieter laufen Sturm, auch Politiker. So haben beispielsweise Abgeordnete der FDP und CDU/CSU Unterschriften für eine Verfassungsklage gesammelt. Die Klage soll ab Mitte April 2020 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingehen.
Grund: Viele sehen durch das drastische Vorgehen Berlins eine massive Enteignung von Bürgern. Denn viele Vermieter haben ihre Immobilien zu sehr hohen Preisen gekauft und sind auf eine gewisse Mindestmiete angewiesen. Ohne diese können viele ihre Immobilienkredite nicht mehr abbezahlen.
Über 190 Abgeordnete wollen in Karlsruhe klagen
Die Berliner Boulevardzeitung BZ zitiert den Berliner Abgeordneten Jan-Marco Luczak (44, CDU), Mietrechts-Experte seiner Fraktion, mit den Worten: Neben der FDP hätten alleine bei der Union sich über 190 Abgeordnete der jetzt anstehenden Verfassungsklage angeschlossen. Die Rede ist von einem „Normenkontrollverfahren“.
Prozessbevollmächtigte seien, so die BZ, Prof. Heinrich Amadeus Wolff (Uni Bayreuth) und Prof. Wolfgang Spoerr, Partner der Kanzlei «Hengeler Mueller – Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB», bei welcher auch der Politiker Luczak als Anwalt firmiere.
►Wer profitiert als Mieter?
Laut Berliner Mietervereins-Vize Sebastian Bartels würden alle profitieren, welche nach dem 18. Juni 2019 einer Mieterhöhung ihrer bestehenden Nettokaltmiete zugestimmt hätten. Dies gelte auch für Mieterhöhungen, welche im Rahmen einer Staffel- oder Index-Miete vorgenommen worden wären.
Grund: Viele Mietverträge enthalten mittlerweile eine Staffelmiete, in welcher mindestens die Inflation ausgeglichen werden soll.
Glück haben Vermieter, deren Wohnungen nach 2014 neu gebaut oder kernsaniert worden sind. Diese Wohnungen sind von dem Berliner aktuellen Mietpreisdeckel nicht betroffen.
Zudem bleibt es generell so, dass Modernisierungen Mieterhöhungen zulässig machen. Allerdings schreibt das Gesetz vor, dass vor einer Modernisierung die jeweils zuständigen Bezirksämter um Erlaubnis zu fragen sind. Ansonsten werden Mietpreiserhöhungen unzulässig.
►Dürfen Mieter ihre Miete selbst senken?
Die Antwort lautet Ja und Nein: So sagen einige, wonach betroffene Mieter selbst eine Mietsenkung vornehmen dürften. Das heißt, dass Mieter ihre Miete auf den Stand vom 18. Juni 2019 absenken dürften.
Grund: Die Berliner neue Miethöhenregel gelte im Rahmen eines «Verbotsgesetzes». Eine selbständige Mietsenkung sei also zulässig. Es werde jedoch empfohlen, den Vermieter vor einer Mietpreissenkung in einem Brief darüber zu informieren und die Gründe anzuführen.
Gegner dieser Ansicht, wie der Fachanwalt Tobias Scheidacker, erklärten in der BZ, man sehe das Spiel andersherum:
Demnach müsse der Mieter «weiter die unreduzierte Miete überweisen». Der Vermieter wiederum müsse die zu viel erhaltene Miete freiwillig an seinen Mieter zurücküberweisen. Dies solle er aber lediglich unter Vorbehalt tun. So könne es durchaus sein, dass das Berliner Bundesverfassungsgericht die Mietpreisbremse wieder kippe. Dies zeige, dass es derzeit einfach noch keine Rechtssicherheit gebe.
►Ist eine Mietpreissenkung zulässig, wenn man nach dem 18. Juni 2019 in die Immobilie eingezogen ist?
Der Berliner Mietervereins-Vize Sebastian Bartels erklärte , wonach er das nicht so sehe. Das heißt: Für Mieter, die nach dem 18. Juni 2019 einen Vertrag unterschrieben hätte, gelte das neue Gesetz nicht.
►Wann kommt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts?
Es ist nicht klar, wann das Urteil des Verfassungsgerichts kommt. Die meisten Fachleute gehen von circa zwei Jahren aus. Klar, dass es hier unterschiedliche Einschätzungen gibt.
So hält Prof. Ulrich Battis den radikalen Mietendeckel von Berlin für verfassungswidrig. Überhaupt keine Prognose wagt hingegen Prof. Christian Pestalozza, da es keine vergleichbaren Fragen bislang in Karlsruhe zu entscheiden gegeben habe.
► Was ist zu tun, wenn Karlsruhe den Berliner Mietendeckel kippt
Die BZ zitiert hier Immobilienanwalt Tobias Scheidacker mit den Worten: Dann sei es so, «als hätte es» den Mietendeckel «nie gegeben». Mieter müssten in diesem Fall mögliche Mietrückstände zeitnah an ihren Vermieter zurückbezahlen.
Es kann jedoch sein, dass die Karlsruher Richter das Gesetz lediglich auslaufen lassen. Ob Mieter dann einbehaltene Miete an ihre Vermieter nachträglich doch überweisen müssen, ist nicht klar.