Wer noch vor wenigen Wochen einen 10-jährigen Immobilienkredit mit Zinsbindung im Wert von 200.000 Euro aufnahm, musste bereits im Schnitt jährlich 5000 Euro netto weniger Zinsen zahlen, als jemand, der die gleiche Summe vor zwei Jahren haben wollte. In 10 Jahren sind das also 50.000 Euro Zinsen weniger.
Auf Grund der Corona-Krise fallen die Zinsen weiter. Unter der Schlagzeile «Bauzinsen fallen auf Rekordtief» schreibt Spiegel-Online:
«Der Kampf gegen das Coronavirus und eine mögliche Rezession bestimmen die Nachrichten – doch die Maßnahmen haben auch einen Nebeneffekt, von dem Immobilienkäufer profitieren können.» [1]
So könne das Virus und die damit verbunden massiven Einschränkungen des Öffentlichen Lebens «zumindest einen positiven Nebeneffekt haben»: So würden die Baudarlehen «derzeit noch günstiger». Aktuell lägen «die Kreditkonditionen jedenfalls nahe an Rekordtiefs», berichteten auf Kreditvermittlung spezialisierte Firmen.
Allzeittief bei Bauzinsen
So wird beispielsweise Mirjam Mohr vom Kreditvermittler Interhyp mit den Worten zitiert, wonach die «Verunsicherung durch das Coronavirus» zu einem Allzeittief bei Bauzinsen geführt habe.
Dem Finanzierungsvermittler zufolge könne die Mehrheit der Kreditnehmer derzeit Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung für rund 0,6 Prozent Zinsen jährlich aufnehmen. Bei guter Bonität seien sogar Zinsen um die 0,4 Prozent möglich.
Zum Vergleich: Die Hypovereinsbank hatte im Januar 2018 einem Kunden einen Immobilienkredit mit 20-jähriger Zinsbindung bei rund 2,4 Prozent Zinsen verkauft. Das macht in 20 Jahren eine absolute Zinslast von saftigen 60.000 Euro.
Während der Kauf und Verkauf bestehender Immobilien also auch künftig gut aussieht, könnte der Verkauf und Kauf von Neubauten ins Stocken geraten.
So erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des «Zentralverbands Deutsches Baugewerbe» angesichts einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes, welches kürzlich eine steigende Zahl an Baugenehmigungen mitteilte:
«Baugenehmigungen sind keine Aufträge. Das wissen wir alle. Die aktuelle Entwicklung beim Corona-Virus macht auch vor der Bauwirtschaft nicht halt. Noch können wir nur schwer abschätzen, in welchem Ausmaß die Pandemie die Bauwirtschaft treffen wird. Denn wenn bei der gewerblichen Wirtschaft Aufträge in Größenordnungen wegbrechen, werden Investitionen zurückgestellt, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Wirtschaftsbau.» [2]
Zudem monierte er die Tendenz, dass immer mehr Gerichte, Behörden schließen: «Wenn Bauämter wegen des Virus nur schwach oder überhaupt nicht besetzt sind, dann werden keine öffentlichen Aufträge vergeben. Wenn Menschen mit plötzlicher Arbeitslosigkeit bedroht sind, werden sie kein Haus bauen oder Sanierungsarbeiten in Auftrag geben.»
Strabag
Und der österreichische Baukonzern Strabag, dem auch das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) in Berlin gehört oder Karstadt und Kaufhof, teilte mit: man wolle bis Ende dieser Woche zumindest auf Neubaustellen gar nicht weiter bauen:
«Der grösste Baukonzern von Österreich, Strabag, stellt aufgrund des Coronavirus bis Ende dieser Woche den Baubetrieb am Heimatmarkt ein. Von der Massnahme seien rund 1000 Baustellen betroffen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.» [3]
Ähnlich ist die Situation in Tirol, Südtirol oder Luxemburg. Auch hier wurden sämtliche Baumaßnahmen eingestellt. [4]
Schweiz sieht derzeit noch keine Probleme bei Industrie und Bau
Die Schweizer Direktorin des «Staatssekretariat für Wirtschaf» (SECO), Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, sieht derzeit jedoch noch eine funktionierende Industrie und auch ein funktionierendes Baugewerbe – trotz Corona-Notstand. Wichtig sei jetzt aber, dass die Material-Lieferungen aus dem Ausland auch erfolgten.
Die SECO entstand 1999 durch Zusammenlegung des Bundesamts für Industrie, Gewerbe und Arbeit BIGA sowie des Bundesamts der Schweizer Aussenwirtschaft (BAWI). [5]
Einzelnachweise
[1] Immobilienkredite fast zum Nulltarif Bauzinsen fallen auf Rekordtief, in: Spiegel-Online vom 19.3.2020.
[2] Trotz positiver Baugenehmigungszahlen: Baugewerbe von Corona-Virus massiv betroffen. Die Liste der Auswirkungen ist lang, Pressemitteilung des ZDB Zentralverband Dt. Baugewerbe vom 17.3.2020. Abgerufen am 19.3.2020.
[3] Österreichische Strabag stellt vorübergehend Baubetrieb ein, in: baublatt.ch vom 18.3.2020. Abgerufen am 20.3.2020.
[4] Coronavirus: Baustellen in Tirol, Südtirol und Luxemburg werden geschlossen, in: https://internet-fuer-architekten.de vom 18.3.2020. Abgerufen am 19.3.2020.
[5] Coronavirus: Seco-Direktorin sieht funktionierende Industrie und Bau, in: cash.ch vom 17.3.2020. Abgerufen am 19.3.2020.